Das Park Hyatt Vienna befindet sich, was viele nicht wissen, im ehemaligen Gebäude der früheren Länderbank. 2014 aufwendig renoviert und den Annehmlichkeiten eines 5*-Hotels angepasst, hat es dennoch nichts an historischem Charme eingebüßt. Ein historischer Exkurs zu seiner Entstehungsgeschichte.
Am Hof ist der älteste Platz in Wiens Innenstadt. Hier befand sich einst ein Teil des römischen Legionslagers Vindobona. Der Platz wird dominiert von der barocken Fassade der Kirche Am Hof, einer original gotischen Kirche des Karmeliterordens aus dem 14. Jahrhundert.
Die Prachtfassade des heutigen Gebäudes.
Im 16. Jahrhundert wandelten die Jesuiten das Haus zunächst in ein Kloster, dann in ein Kollegium um. Das Ziel: die Bevölkerung nach der Reformation wieder katholisch zu machen. Aufgrund des Ansturms der offenbar überaus wiss- und bildungsbegierigen Bevölkerung musste der Bau bald erweitert werden und hatte sogar einen eigenen Bereich für Theateraufführungen.
Der Festsaal. Damals 1915 (li.)und heute.
Die Pläne für das neue Prachthaus stammten von dem damals sehr angesagten Architektenduo Ernst Gotthilf von Miskolczy und Alexander Neumann, die sich entsprechend den an den Bau gestellten Kriterien von Funktionalität, vor allem aber eindrucksvoller Repräsentation nach außen hin, als kompetente Entwerfer für monumentale Bankgebäude profilieren konnten. Ihr Fokus galt fortschrittlichen technischen Standards, die der Modernität eines Bankinstituts entsprechen würden sowie einer gediegenen und aufwendigen Ausstattung mit edlen Materialien wie verschiedenen Marmorsorten, edlen Hölzern und Metallen. Dem Anspruch auf repräsentative Monumentalität trugen die beiden Architekten durch den Einsatz neoklassizistischer Motive Rechnung. Das Ergebnis: Giebelüberdachungen, häufig mit Skulpturen geschmückt, sowie portikusartige Eingangsbereiche und säulengeschmückte Fassaden. Die vielfach eingesetzten Formen der Antike sollten Beständigkeit und Sicherheit signalisieren, und damit auch die Vertrauenswürdigkeit, die ein seriöses Bankhaus schon beim Anblick vermitteln sollte. Betrachtet man das Gebäude heute, das vor Imposanz nur so zu strotzen scheint, so lässt sich getrost feststellen: Auftrag erfüllt.
Die Kassenhalle: 1915 (li.) und heute.
Doch dann kam (was bei Erzählungen über althistorische Bauten an dieser Stelle nahezu immer folgt): Der Krieg. Und während diesem wurde das Haus in einige Mitleidenschaft gezogen, etwa als es von einer 1.000-Kilogramm-Bombe getroffen wurde, und dabei wertvolle Bleigläser und Glasmalereien zerstört wurden. Nach Kriegsende drang bei schweren Regenfällen das Wasser bis in die Tresorräume, und man beschloss, das einst „schönstes Gebäude“ Wiens wie es sogar von Adolf Loos bezeichnet worden war, rasch wieder zu reparieren und in neuem alten Glanz erstrahlen zu lassen.
Feststiege. Damals (li.) und heute.2008 wurde das Haus, das sich nunmehr im Besitz der mit der ehemaligen Länderbank fusionierten Bank Austria befand, verkauft. 2011 kam es (vermutlich im Zuge von Bauarbeiten) zu einem Brand, bei dem die Innenräume komplett zerstört wurde. Durch die US-amerikanische Hotelkette Hyatt aufgekauft, wurde es aufwendig wiederhergestellt: Da es sich bei dem Haus um ein denkmalgeschütztes Objekt handelt, waren die Rahmenbedingungen für die Renovierung besonders anspruchsvoll, um eine nahezu detailgetreue Wiederherstellung zu garantieren. Mehr als 600 Bauarbeiter aus 20 Ländern sowie 20 akademische Restauratoren und 200 Kunsthandwerker wurden dafür beschäftigt. Die größtenteils 100 Jahre alten Fenster wurden vor Ort renoviert, in den Außenfenstern wurde das Originalglas wieder eingesetzt. Auch der Marmor in der Lobby ist noch original, ebenso die historische Treppe mit ihrem Jugendstil-Geländer.
Heute ist das ehrwürdige Haus Teil des Goldenen Quartiers, das aus einem Mix aus Hotel, Geschäfts-, Büro- und Wohnflächen besteht. Als im historischen Zentrum Wiens gelegen, zählt es gemeinsam mit diesem zu den schönsten Stadtdenkmälern Europas und ist seit 2001 UNESCO-Weltkulturerbe.