Seit nunmehr 101 Jahren produziert Thomastik-Infeld mitten in Wien Saiten in höchster Qualität für die ganze Welt.

Text: Helmut Schneider
Fotos: Marion Hofer Fotografie

Instrumentenbauer und Erfinder

Gleich nach dem Ersten Weltkrieg fanden zwei umtriebige und vor allem neugierige Persönlichkeiten zusammen, um die bis dato unbefriedigende Produktion von Musiksaiten auf ein höheres Level zu heben: Der Geigenmacher Franz Thomastik und der Ingenieur Otto Infeld gründeten nach einigen Tüfteleien schließlich wenig später ein Unternehmen in Margareten, das noch heute bei allen Profimusikern und Liebhabern, die Saiten zum Klingen bringen wollen, für Begeisterung sorgt.

Thomastik-Infeld steht für allerhöchste Qualität. Und die Firma in Margareten wurde unter den Nachfolgern – vor allem dem auch als Kunstsammler berühmt gewordenen Peter Infeld – zu einem international tätigen österreichischen Vorzeigebetrieb.

Derzeit produziert Thomastik-Infeld mit fast 200 Mitarbeitern mehr als 2.000 verschiedenartige Saiten für Streich- und Zupf­instrumente direkt im Herzen der Musikstadt Wien. 97 Prozent der produzierten Jahresmenge wird in mehr als 80 Länder dieser Welt exportiert. Nach dem unerwarteten Ableben von Peter Infeld 2009 führt heute seine Witwe Zdenka Infeld das Unternehmen.

Forschung und Entwicklung

Früher wurden Saiten vor allem aus Tierdarm hergestellt, mit der Industrialisierung stellten viele Musiker auf Stahlsaiten um. Die ersten synthetischen Saiten kamen 1970 auf den Markt und haben ab den 80ern den Saitenmarkt für Violine und Viola verändert und erobert, was der rasante und dauerhafte Erfolg der Dominant von Thomastik-Infeld, der ersten Saite mit Nylonkern, eindrucksvoll beweist. Zwar spielen heute fast alle Profigeiger und Violaspieler auf Synthetiksaiten, allerdings gibt es natürlich noch ­immer ­Naturdarm- wie auch Stahlsaiten. Zudem werden gerade im asia­tischen Raum sehr gerne Stahlsaiten hergestellt, da diese wesentlich kostengünstiger in der Produktion sind. Diese Einsparung beim Material wirkt sich allerdings merklich auf den Klang der Violine oder Viola aus, weswegen man bei Thomastik-Infeld auf Synthetiksaiten setzt – Qualität hat einfach ihren Preis.

Doch so simpel Saiten auch für Laien aussehen mögen – die Entwicklungen gehen weiter. Zehn Mitarbeiter von Thomastik-Infeld sind in der Forschung und Entwicklung tätig, denn oft bedarf es zur Herstellung neuer Saiten auch neu ent­wickelte Maschinen zur Erzeugung. Die Produktionsstätte mitten in Wien wird dabei aber niemals infrage gestellt.

Soziale Verantwortung

Zdenka Infeld: „Wir sind ein Traditionsbetrieb, fertigen seit Firmengründung 1919 in Wien und haben auch vor, dies beizubehalten. Österreich ist für seine klassische Musik bekannt, geliebt und seit dem 18. Jahrhundert mit der Wiener Klassik eines der Zentren des europäischen Musiklebens. Natürlich haben wir hier in Wien höhere Lohnkosten, aber nur so werden wir unseren drei Unternehmenswerten gerecht: höchste Qualität, Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung.

Es ist für unseren Qualitätsanspruch zudem unumgänglich, dass unsere Techniker und Entwickler wie auch das Personal der Qualitätssicherung ihre Arbeitsplätze in unmittelbarer Nähe zu den Werkstätten haben. Die intensive Zusammenarbeit dieser Abteilungen ist ausschlaggebend, dass unser hoher Qualitätsanspruch täglich erreicht wird. Würde unsere Produk­tion ins Ausland ausgelagert werden, so wäre dieser rege Austausch nicht mehr in diesem Ausmaß möglich, was sich schlussendlich in der Qualität unserer Saiten, aber auch in der Innovationsfähigkeit unserer Techniker widerspiegeln würde.“

Thomastik-Infeld engagiert sich weltweit auch für soziale Projekte.
„So haben wir beispielsweise Saiten an ein Dorf im Amazonasgebiet gesendet, in dem jeder Einwohner ein Instrument spielt. Obwohl dort jedes Schulkind Geigenunterricht bekommt, ist es für diese Menschen schwer, die entsprechenden Mittel aufzubringen.“
Dazu werden laufend Saiten etwa an Schulen in Costa Rica oder Moldawien gesendet.